Der Deutsche liebt seine Münzen und seine Scheine. Doch immer mehr Läden bieten gar keine Barzahlung mehr an. Muss der Deutsche demnächst ausschließlich mit seiner Giro- oder Kreditkarte bezahlen? Kann sich dieser Trend überhaupt durchsetzen?
„Nur Kartenzahlung möglich“
In dem Café steht eine Barista-Kaffeemaschine, die Theke ist aus Holz, es gibt unterschiedliche Mehlspeisen und viele verschiedene Kaffeesorten. Ein, so scheint es, ganz normales Café, wie es in Hamburg an jeder Ecke zu finden ist. Der Gast wird aber recht schnell ein schwarzes Schild bemerken. „Nur Kartenzahlung möglich“ – im „Public Coffee Roasters“ nimmt man nämlich kein Bargeld mehr an. Argin Keshishian betreibt das Lokal mit seinem Bruder. „Nein, wir wollen nicht provozieren“, so Keshishian, „wir nutzen nur die dadurch entstehenden Vorteile.“ Aber überwiegen nicht doch die Vorteile von Bargeld?
Einerseits ist Bargeld anonym, andererseits sorgt Bargeld auch für einen demokratischen Kapitalismus – schlussendlich kann jeder Mensch am Zahlungsverkehr teilnehmen. Ein, vor allem für den Staat, sehr wichtiges Argument. Doch für Keshishian sind derartige Argumente nicht unbedingt nachvollziehbar. „Der Mitarbeiter braucht tagtäglich eine halbe Stunde, damit er das Bargeld zählt. Eine, hier waren alle einer Meinung, sinnlose Aufgabe“, so Keshishian. Aber auch die Kosten, die durch das Bargeld entstehen, haben die Brüder auf die Idee gebracht, nur noch die Kartenzahlung zu akzeptieren. „Wir benötigen keine großen Mengen an Wechselgeld und können auch auf teure Sicherheitsvorkehrungen verzichten“, so der Café-Betreiber.
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Warum entschieden sich die Brüder gegen die Barzahlung?
Die Unternehmen müssen sich heutzutage gegen Diebstahl versichern und zudem auch noch die Dienstleister bezahlen, die in gepanzerten Fahrzeugen sitzen, wenn das Bargeld angeliefert oder in weiterer Folge wieder abgeholt wird. Des Weiteren wird das gelagerte Geld auch nicht verzinst. Selbst falsches Wechselgeld treibt die Kosten in die Höhe. Auch die Tatsache, dass die Verwaltung des Bargeldbestandes viel Zeit kostet, war für Keshishian ein Grund, dass im „Public Coffee Roasters“ nur noch mit der Karte bezahlt werden kann. Die Kartenzahlung hätte auch einen hygienischen Vorteil. So fanden die Forscher an der New York University heraus, dass auf jedem Schein bis zu 3.000 Bakterien-Typen sitzen würden. Hunderte Bakterien werden nur durch den Besitzerwechsel übertragen. Auch britische Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass sich auf rund 6 Prozent der Geldscheine derart viele E. coli-Bakterien befinden, sodass man meinen könnte, die Gäste würden mit Toilettenbrillen bezahlen. „Die Bakterien sorgen aber für keine direkte Gefahr“, sind sich die Essener Forscher jedoch sicher. „Zudem tötet das Kupfergeld auch die Bakterien ab.“ Doch Keshishian hat noch einen weiteren Grund, warum er auf das Bargeld verzichtet: Schwarzgeld. „In der Gastronomie wird mit dem Schwarzgeld derart viel Unfug getrieben, sodass wir auf der sicheren Seite stehen wollen. Wir wollen mit derartigen Machenschaften nichts zu tun haben“, so Keshishian. „Zudem ersparen wir uns auch viele Probleme mit dem Steuerberater und dem Finanzamt“, weiß der Café-Besitzer.
Bargeldlos zahlen: Kunden sind zufrieden
Doch wie reagieren die Kunden? Bislang haben nur drei Gäste das Lokal wieder verlassen, nachdem sie erfahren haben, dass sie nicht mit Bargeld bezahlen können. Ob sich die bargeldlose Zahlung in der Bundesrepublik durchsetzen kann? „Ja, ich glaube schon, dass die Vorteile überwiegen. Natürlich gibt es Probleme mit dem Datenschutz. Wenn diese aber gelöst werden, dann ist die Kartenzahlung deutlich besser als die Bezahlung mit Bargeld“, so Keshishian. Doch auch wenn nur eine Kartenzahlung akzeptiert wird, so können die Gäste dennoch ihre Scheine oder Münzen loswerden – die Mitarbeiter freuen sich nämlich über „klassisches Trinkgeld“.
Der Anfang vom Ende des Bargelds?
Begibt sich Keshishian in eine rechtliche Grauzone? Nein. In Deutschland herrscht das Prinzip der sogenannten Vertragsfreiheit. Die Beteiligten können frei über die Inhalte der Geschäfte bestimmen. Somit ist es auch möglich, dass bestimmte Bezahlmöglichkeiten vereinbart oder auch ausgeschlossen werden. So akzeptieren auch einige Bäckereien oder Kioske keine Giro- oder Kreditkarten. Tankstellen, Supermärkte oder andere Läden verweisen immer wieder auf die Tatsache, dass keine 500 Euro-Scheine angenommen werden dürfen. Das liegt oft an dem fehlenden Wechselgeld. Der Ladenbesitzer will nicht in Verlegenheit kommen, da er nicht über genügend Wechselgeld verfügt – auch Einzelhändler haben oftmals das Problem, dass sie keine 500 Euro-Scheine wechseln können, wenn der Einkauf gerade einmal 3,29 Euro ausmacht. Natürlich ist Keshishian für viele Bargeld-Fans ein rotes Tuch. Schlussendlich gab es in den letzten Monaten immer wieder Diskussionen über eine Beschränkung von Barzahlungen. In einigen Ländern gibt es bereits eine Obergrenze – auch Wolfgang Schäuble, der deutsche Bundesfinanzminister, zeigte sich zu Beginn noch angetan von dieser Regelung. Die Wahrscheinlichkeit, dass es jedoch demnächst zu einem Verbot von Bargeld kommt, ist gering. Wenn doch, dann wäre Keshishian zumindest optimal vorbereitet.